Wenn heute in den historischen Kulturwissenschaften von ‚kulturellem Übersetzen‘ gesprochen wird, dann ist in aller Regel mehr gemeint als eine Übertragungsbeziehung zwischen Texten und Sprachen. Kulturelles Übersetzen wird vielmehr als wechselseitiger – wenn auch oft genug asymmetrischer – Vermittlungsprozess verstanden, der Menschen und deren Zugehörigkeiten ebenso einschließen kann wie ästhetische, emotionale oder rituelle Praktiken. Kulturelles Übersetzen macht in dieser Perspektive Differenzen sichtbar und produktiv, ohne sie aus der Welt zu schaffen. Kulturelles Übersetzen ist kulturelles borrowing. Das aber heißt auch: Wenn heute in den historischen Kulturwissenschaften von ‚kulturellem Übersetzen‘ gesprochen wird, dann im Sinne eines dynamischen und kreativen Mediums kultureller Verflechtung, kultureller Vermischung, kulturellen Transfers und kulturellen Konflikts. Die Beschäftigung mit dieser Gruppe erlaubt es, die ambivalenten Dynamiken inter- und transkultureller Übersetzungsprozesse freizulegen und auf diese Weise eindringlich vor Augen zu führen, dass mit der europäischen Expansion ‚Kontaktzonen‘ entstanden, die keinen Zweifel lassen: Es waren nicht nur Europäer, die sich auf die Übersetzung fremder Kulturen verstanden.
Prof. Dr. Antje Flüchter, Giulia Nardini
Kulturelle Übersetzung als multidirektionaler Prozess – Roberto Nobili als missionarischer Übersetzer zwischen Kulturen, Religionen und Institutionen
Prof. Dr. Mark Häberlein, Dr. Paula Manstetten
West-östliche Transferprozesse in akteurszentrierter Perspektive: Salomon Negri als Übersetzer und kultureller Vermittler zwischen der arabischen Welt und dem lateinischen Europa im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert
Prof. Dr. Dagmar Schäfer, Dr. Vera Dorofeeva-Lichtmann
Übersetzungs-Terroirs: Ostasien zwischen indigenen und europäischen kartografischen Sprachen
Dr. Irina Fliter
Flows und Spannungen: Die Camondo-Familie als kulturelle Übersetzer zwischen dem Osmanischen Reich und Europa im 18. Jahrhundert
Prof. Dr. Rebekka Voß, Avi Siluk
Transkulturelle jiddische Übersetzungen zwischen Juden und Christen im Kontext der pietistischen Judenmission im Deutschland des 18. Jahrhunderts
PD Dr. Susanne Greilich, Prof. Dr. Hans-Jürgen Lüsebrink
Übersetzungsdimensionen des französischen Enzyklopädismus im Aufklärungszeitalter (1680–1800): transkultureller Wissenstransfer, Mittlerfiguren, interkulturelle Aneignungsprozesse