Der kaiserzeitliche Schriftsteller Lukian von Samosata war etwa bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts der meistübersetzte griechische Autor im deutschsprachigen Raum. Ausgehend von der Beobachtung, dass dieses Teilgebiet der deutschen Antike-Transformation bisher keine eingehende Berücksichtigung in der Frühneuzeitforschung erfahren hat, sollen nun die aus dem Zeitraum von 1469 bis 1569 erhaltenen Lukian-Übersetzungen, welche sich teilweise auf berühmte Übersetzerpersönlichkeiten wie Niklas von Wyle oder Johannes Reuchlin zurückführen lassen,
Im Falle der frühneuzeitlichen Lukian-Übersetzung erfolgt der Übersetzungstransfer vielschichtig: Die griechischen Ursprungstexte werden zumeist über die lateinischen Fassungen der italienischen Humanisten zum deutschen Kulturbereich vermittelt. Der italienische Humanismus mit seiner spezifischen Lukian-Aneignung fungiert als vermittelnde Instanz im Rahmen der ‚Transferkette‘. Am Beispiel der Lukian-Übersetzungstätigkeit zeigt sich das komplexe Wechselspiel zwischen imitatio und aemulatio der Antike, handschriftlicher Überlieferung und Aufkommen des Drucks, italienischem und deutschem Kulturraum, Katholizismus und Reformation, das für die frühneuzeitliche Übersetzungskultur charakteristisch ist.
Das Projekt ist am Institut für Klassische Philologie und Komparatistik der Universität Leipzig angesiedelt, wo es von Frau Dr. Enrica Fantino geleitet und bearbeitet sowie von Herrn PD Dr. Philip Schmitz mitgestaltet wird.