In der Philosophie wird oft an die Vorstellungskraft der Leser:innen appelliert, um besonders schwierige Ideen zu visualisieren: Manchmal begleiten tatsächliche Bilder philosophische Werke, deren Status unterschiedlich sein kann, indem sie als Mittel zur Erläuterung des Inhalts eines Textes oder als Alternative zum Text selbst dienen können. Letzteres kann besonders nützlich sein, wenn philosophische Ideen unabhängig vom Text vermittelt werden müssen, z. B. wenn eine Leserschaft angesprochen werden soll, die keinen Zugang zum geschriebenen Text hat.
Vom 29.-30.7.2024 fand im Rahmen des SPP 2130-Teilprojekts Deutsche Mystik in Übersetzung. Die Erfindung einer europäischen Idee an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel unter der Leitung von Prof. Dr. Anne Eusterschulte (Freie Universität Berlin), Dr. Cecilia Muratori (Università di Pavia) und Dr. Antje Wittstock (Freie Universität Berlin) ein Workshop unter dem Titel „Visualisierung der Philosophie – Text und Bild in frühneuzeitlichen Büchern“ statt, der sich der Frage nach den verschiedenen Funktionen von Bildern als philosophischem Werkzeug der Übertragung widmete (Programm).
In den Redebeiträgen des Workshops ging es sowohl um Fragen von Text-Bild-Bezügen und multimedialen Verschränkungen, verschiedene Formen von Bildlichkeit (wie z. B. Bild, Symbol, Hieroglyphe, Emblem oder Imprese) als auch Möglichkeiten sprachlicher Visualisierung. Die Beispiele, die vorrangig aus der Frühen Neuzeit stammten, reichten vom Hermaphroditen als Denkbild der Alchemie, dem Bildprogramm in Heinrich Khunraths Amphitheatrum sapientiae aeternae, Michael Maiers Atalanta fugiens und ihrem ‚ludischen Prinzip‘, über die Figur des Archaeus bei Parcelsus, Text-Bild-Bezüge in den Maximes des Duc de la Rochefoucauld bis zur Hermetismus-Rezeption bei Sebastian Franck. Die Möglichkeiten einer (digitalen) Visualisierung idealer Stadtentwürfe der Renaissance (am Beispiel von Francesco Patrizis La Città Felice) und Anmerkungen zur Symbolik Franz von Baaders markierten Ausblicke und Perspektiven der Fragestellung.
Eine besondere Rolle im Workshop nahmen der für das SPP-Projekt besonders relevante Traktat An Explication of Three Very Different Tables des Philosophen und Theologen Dionysius Andreas Freher (1649–1728), und die dazu parallel überlieferten, aufklappbaren Bildtafeln (Three Tables) ein: Als visuelles Gegenstück zum Text sollten sie die Betrachtenden auf eine philosophische Reise der geistigen Erneuerung begleiten.