SPP 2130-Mercator Fellow Álvaro Bragança (UFRJ) bietet an der Uni Würzburg ein Seminar für fortgeschrittene Studierende und Doktorandinnen an:
„Innerhalb der frühneuzeitlichen Reiseliteratur stechen mit Bezug auf Brasilien zwei bedeutende Werke aus dem 17. Jahrhundert hervor: Die wundersamen Reisen des Caspar Schmalkalden nach West- und Ostindien (1642–1652) und das von Zacharias Wagener verfasste Thierbuch. Beide reiseliterarischen Texte boten dem historischen Publikum Einblicke in die Pflanzen-, Tier- und Menschenwelt der neu erforschten Regionen Südamerikas, die den europäischen Menschen bis dahin weitgehend unbekannt waren. In diesem Blockseminar werden wir uns aufbauend auf Beobachtungen zum Brasilienbericht Hans Stadens aus dem 16. Jahrhundert und auf der Grundlage meiner eigenen Übersetzungen der genannten Corpora einigen Besonderheiten der von diesen Reisenden aus der Perspektive der Alten Welt dargestellten Pflanzen, Tiere und Einheimischen annähern.“
Bericht
16.–18. Okt. 2023, Philosophische Fakultät Würzburg
Was haben die Kunstgeschichte, die Latinistik und die Germanistik gemeinsam? Von dem Offensichtlichen einmal abgesehen, zunächst nicht allzu viel, und doch bot sich kürzlich Studierenden und (Post)-Doktorand:innen ebenjener Fachrichtungen eine seltene und perspektivenreiche Gelegenheit zu einer gemeinsamen Reise über Zeit-, Raum- und Kulturgrenzen hinweg. Und so setzten wir am 16. Oktober Anno Domini 2023 unter Leitung des SPP-Mercator Fellows Prof. Dr. Álvaro Bragança (Rio de Janeiro, UFRJ) die Segel und stachen in See. Doch statt „Gen Narragonia“ hieß es für unsere multiakademische, interdisziplinäre Reisegesellschaft „Gen Brasilien“, und zwar auf die einzige Art und Weise, die auch dem mehrheitlichen Teil der Bevölkerung in der Alten Welt offen stand – mittels der Berichte und Aufzeichnungen anderer. Ausgehend vom Brasilienbericht Hans Stadens aus dem 16. Jahrhundert, über die wundersamen Reisen des Caspar Schmalkalden (1642-1652) bis hin zum Thierbuch von Zacharias Wagner (1634-1637) erkundeten wir so, wie einst das historische Publikum vier Jahrhunderte vor uns, die Tier-, Pflanzen und Menschenwelt Brasiliens. Wir Studierende waren dabei zwar mit 4 zu 5 in der Unterzahl, doch betitelte Herr Bragança uns alle gleichermaßen als seine „werten Kollegen und Kolleginnen“ und schuf damit, sowie durch seine herzliche, humorvolle und mitunter selbstironische Art eine Atmosphäre des Auf-Augenhöhe-Seins, die man so wohl nur selten in einer universitären Veranstaltung findet. Doch anstatt Ihnen nun in aller Ausführlichkeit von unserem Gesprächsthema Nummer 1, der Anthropophagie der brasilianischen Ureinwohner, zu berichten, und Ihnen damit womöglich den Appetit zu verderben, zu guter Letzt die Konzentration auf das Wesentliche, das, was dieses Blockseminar so einzigartig gemacht hat: den von Herrn Bragança angeregten intra- und interdisziplinären Dialog, der zu einer nicht unerheblichen Menge an Hypothesen – und dem womöglich ein oder anderen künftigen Dissertations- bzw. Masterarbeitsthema – geführt hat. Seinen Bemühungen ist es zu verdanken, dass Mediävist:innen verschiedener Disziplinen zusammenfanden, um sich in äußerst produktiven, fachlichen Diskussionen zu ergehen. Und ist nicht gerade das auch eines der erklärten Ziele des Schwerpunktprogramms – kulturwissenschaftliche Brücken zu bauen?
Katharina Hess