Auf die Ausschreibung sind zahlreiche Bewerbungen eingegangen, aus denen aufgrund von Originalität, Innovativität und Förderungswahrscheinlichkeit drei Projekte ausgewählt wurden, wobei der Programmausschuss insbesondere auch die Passgenauigkeit von Thema, Disziplin und Theorie bzw. Methode zum Schwerpunktprogramm berücksichtigt hat. Die folgenden drei Nachwuchswissenschaftlerinnen wurden bei der Erarbeitung eines DFG-Projektantrags in Form einer Kurzzeitstelle unterstützt:
Das Projekt versteht eine Übersetzung als ein intellektuelles Produkt, das sowohl von seiner Herkunft in der Ausgangskultur als auch von seiner Bestimmung in der Zielkultur geprägt wird, und versucht, die kulturellen und epistemischen Faktoren des Lernens durch Übersetzung zu klären. Diese Fragen werden am Beispiel des bisher kaum beachteten translationalen Erbes von Sebastian Münster (1489–1552) untersucht, dessen Cosmographia (1544) nach zahlreichen Neuauflagen und Übersetzungen in fünf Sprachen zum normativen Standard für geografische und anthropologische Forschung wurde. Münsters Werk soll auf mehreren Ebenen analysiert werden:
Das Projekt zielt darauf ab, Münsters translationales Erbe als komplexes Unterfangen beim Transfer von geographischem und anthropologischem Wissen zwischen Sprachen und Medien zu rekonstruieren, um den Zusammenhang zwischen Übersetzbarkeit und Innovation zu klären.
Dr. Maria Avxentevskaya ist Wissenschaftshistorikerin und arbeitet derzeit am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin.
Reisen wird in der Literatur von Beginn an universal thematisiert. Der anthropologische Status des Reisens verdeckt dabei die divergenten Zwecke, Motivationen und Ziele desselben. In frühneuzeitlichen Reisedarstellungen lässt sich jedoch ein verbindendes Konzept erkennen, nämlich die Veränderung von Identitäten durch das Reisen selbst sowie deren Repräsentation innerhalb des Dargestellten. Dieser Prozess impliziert mehrere Übertragungsleistungen, die als transkulturelles ‚Übersetzen‘ verstehbar sind. Die Fragestellung richtet den Blick auf den epochenspezifischen Bedeutungshorizont von Reisenarrativen in der Frühen Neuzeit und verfolgt die These, dass diese Narrative in besonderer Weise die Bedeutung des frühneuzeitlichen Übersetzens als semiotische und kulturelle Übersetzung zu signifizieren vermögen. Ziele des Projektes sind:
PD Dr. Susanne Knaeble ist mediävistische Germanistin und arbeitet derzeit an der Universität Bayreuth.
Laut dem Erbauungsschriftsteller Richard Baxter „[verstecken sich] Paracelsisten, Böhmianer und andere Schwärmer […] absichtlich hinter selbsterfundenen, groben, trüben Wörtern“ (A Key for Catholics, 1659). Für englische Leser mögen diese Autoren hinter einem zusätzlichen Schleier ‚verborgen‘ gewesen sein: Übersetzungen. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden viele Werke der deutschen ‚spiritualistischen‘ Literatur ins Englische übersetzt. Zusammen mit Werken von Böhme und Paracelsus wurden auch Schriften von u.a. Sebastian Franck, Hans Denck und Valentin Weigel in englischen Ausgaben veröffentlicht: Häufig wurden diese von denselben Druckern und Buchhändlern verfügbar gemacht, so dass sich eine Traditionskette des deutschen Mystizismus ausbildete. Die Übersetzungen von Böhme wurden so erfolgreich, dass sie noch heute im englischen Sprachraum benutzt werden: „Jacob Behmen“ wurde fast zu einer vom originalen Jacob Böhme unabhängigen Figur. Das Projekt untersucht diese Übersetzungen in ihrem Kontext. Die Aufmerksamkeit wird auf einen Aspekt gelenkt, der noch kaum beforscht wurde, nämlich die Translationsstrategien beim Überführen der deutschen und lateinischen Terminologie ins Englische. Das Leitprinzip dabei ist, dass die kulturelle und konzeptuelle Transferleistung – von dem Kontext und der Sprache des (nach)reformatorischen Deutschland zu den Diskursen über religiösen Radikalismus in England in den Jahren um den Bürgerkrieg – erst ersichtlich wird, wenn die Ausgangstexte mit den Übersetzungen verglichen werden. Das Projekt setzt bei folgenden Fragen an: Wie veränderten sich die philosophischen Grundsätze durch das Übersetzen? Wer war das (intendierte) Publikum dieser Übersetzungen? Wie wurden politische und religiöse Ziele durch die Übertragung umgesetzt?
Dr. Cecilia Muratori ist Philosophiehistorikerin und arbeitet derzeit an der Queen Mary University in London.