Das Projekt beleuchtet drei Generationen der prominenten Camondo Familie, einer jüdischen Kaufmanns- und Bankiersfamilie aus Istanbul, als kulturelle Übersetzer zwischen dem Osmanischen Reich und Europa. Nach der Untersuchung der kommerziellen, diplomatischen und kommunalen Netzwerke beleuchtet die Studie die Umstände des Exils der Familie aus dem Osmanischen Reich im Jahr 1782 und ihre Bemühungen, ihre Handelsaktivitäten in der habsburgischen Hafenstadt Triest wiederaufzunehmen. Ausgehend von ihrer Übersetzungstätigkeit zwischen verschiedenen Verwaltungssystemen und Handelsbestimmungen zeichnet das Projekt die Netzwerke der Camondos im Osmanischen Reich, in Frankreich, in den Niederlanden, in Habsburg und in den deutschsprachigen Territorien nach. Bei der Untersuchung dieser kulturellen und kategorieübergreifenden Übersetzungen zeigt sich, wie die Familie ihre transimperialen und kommunalen Identitäten einsetzte, um ihre Handelsgeschäfte und ihre soziale Stellung zu sichern. Die Studie verfolgt den Weg der Camondos weiter, als sie um 1800 nach Istanbul zurückkehrten, was eine Rückübersetzung des während ihrer Zeit im Habsburger Reich erworbenen Wissens und der Erfahrungen mit sich brachte. Die Art und Weise, in welcher die Camondos ihren politischen, sozial und ökonomischen Einfluss in der Zeit globaler Umwälzungen beibehielt und sogar vergrößerte, zeigt die mikrohistorischen Implikationen der Modernisierungs- und Transformationsprozesse im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Schließlich ermöglichen diese verschiedenen Übersetzungsbemühungen dem Projekt die kollaborative Produktion von Wissen, die sich verändernde Vorstellungen von Zugehörigkeit und die Übersetzbarkeit universeller Konzepte aufzudecken.
Das Projekt von Frau Dr. Irena Fliter war in der ersten Förderphase am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Universität Göttingen angesiedelt und in der zweiten Förderphase an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.